Fördergelder

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) musste sich erneut einer Prüfung durch den Bundesrechnungshof (BRH) unterziehen. Diesmal prüfte der Bundesrechnungshof die rechtmäßige und wirtschaftliche Verteilung der Lohnzuschüsse durch die Jobcenter bei Menschen mit Behinderung. Der sog. Eingliederungszuschuss an die ArbeitgeberInnen kann vergeben werden, wenn die Vermittlung von Menschen mit Behinderung aufgrund ihrer Einschränkungen erschwert ist. Gleichzeitig ist der Zuschuss ein Ausgleich für eine erwartete Minderleistung am zukünftigen Arbeitsplatz. Kurz gesagt, wenn eine Behinderung mehr Zeit, Kosten oder niedrigere Arbeitsleistungen im Vergleich zu Nicht-Behinderten aufweist. Die Jobcenter sind bei einer Vermittlung verpflichtet die Kenntnisse, Fähigkeiten und die Leistungsfähigkeit der Erwerbslosen zu erfassen, um überhaupt eine passgenaue Vermittlung durchzuführen. Die Auswertung der Prüfer beruhte auf 284 Fälle aus sechs Jobcentern in einem Zeitraum von sechs Wochen in 2017. Von den sechs Jobcentern waren vier eine gemeinsame Einrichtung der Bundesagentur für Arbeit und zwei waren jeweils ihrer Kommune unterstellt. Die Prüfer erweiterten ihre Ergebnisse durch Gespräche mit den Fach- und Führungskräften, nach Akteneinsicht und mithilfe des IT-Fachverfahrens im Jobcenter. 

Jobcenter beachteten Fördervoraussetzungen nicht

Das Ergebnis: In 37 der 65 Fälle wurde nicht hinreichend geklärt, ob die BewerberInnen für den Job geeignet sind. Da der Bundesrechnungshof den Stellungnahmen der Bundesagentur für Arbeit und dem zuständigen Landesministerium nicht entnehmen konnte, ob sich das in Zukunft verbessert, kündigen sie bereits schon jetzt weitere Prüfungen an. Bei fast jedem dritten Arbeitgeber mangelte es zudem bei den Angaben zu den Anforderungen des Arbeitsplatzes. Das hatte Folgen. In 65 von 284 Fällen (23%) wurde das geförderte Beschäftigungsverhältnis vorzeitig beendet. Die Prüfer kommen deshalb zu dem Schluss, „dass es ist nicht hinnehmbar ist, dass die Jobcenter in der überwiegenden Zahl der geprüften Fälle (57%), bei denen das mit einem Eingliederungszuschuss geförderte Beschäftigungsverhältnis während der Förderdauer beendet wurde, die Eignung der Leistungsberechtigten für die Beschäftigung nicht hinreichend geklärt hatten“.  Sie empfehlen: „Bestehen Zweifel an der gesundheitlichen Tauglichkeit des Leistungsberechtigten, sollten die Jobcenter ein ärztliches Gutachten mit einer gezielten Fragestellung zur individuellen Eignung einholen“. Immerhin gehe es auch darum, Fehlinvestitionen von Fördermitteln und Kosten der Arbeitgeber für Neueinstellungen zu vermeiden, fast der Bericht zusammen. Die Bundesagentur für Arbeit antwortet in ihrer Stellungnahme, „dass auch bei einer noch so sorgfältigen Prüfung der Eignung wohl nicht zu vermeiden sei, dass Arbeitsverhältnisse in der Probezeit aus verschiedenen verständlichen Gründen gelöst würden“.Der Bundesrechnungshof bleibt jedoch bei der Meinung dass „eine Prüfung der Eignung zumindest die Gefahr stark verringert, dass ein Arbeitsverhältnis gefördert wird, das während der Förderdauer wegen fehlender Eignung des Arbeitnehmers beendet wird“. 

Jobcenter gefährdeten die unverzügliche Integration behinderter und schwerbehinderter Menschen,

so das Resümee des Bundesrechnungshofes bei der Prüfung des internen IT-Verfahrens. Behinderungen sind in der Regel sehr individuell und somit auch sehr facettenreich. Dem wird das interne IT-gestützte Programm „Verbis“ gerecht, in dem die Jobcenter-Mitarbeiter „Behinderungsmerkmale“ erfassen können. Besonders betroffene schwerbehinderte Menschen können durch einen Haken beim Feld „behinderungsbedingt besonders förderungsbedürftig“ gekennzeichnet werden, so der BRH. Allerdings wurde dieses kaum umgesetzt und bei mehr als die Hälfte der geprüften Fälle (in 98 von 153) fehlte dieses komplett. Um dieses in Zukunft sicherzustellen, empfehlen die Prüfer die Angaben „Behinderungsart“ und „behinderungsbedingt besonders förderungsbedürftig“ als Pflichtfelder umzugestalten. Nur so könne die Datenqualität der Behinderungsmerkmale verbessert werden. Die Prüfer kommen deshalb zum Ergebnis: „Dies verhindert oder verzögert eine Bewerberauswahl bei den Integrationsbemühungen, insbesondere die Förderanfragen von Arbeitgebern“.

Fehlerhafte Entscheidungen bei der Dauer und Höhe der Lohnzuschüsse

„ArbeitgeberInnen mit jahresdurchschnittlich monatlich mindestens 20 Arbeitsplätzen, müssen grundsätzlich auf wenigstens 5% der Arbeitsplätze schwerbehinderte Menschen beschäftigen“, so die Rechtsgrundlage. Dieses und die Prüfung von Arbeitsplätzen über die Quote hinaus sind Bestandteile, um über die Höhe und Dauer der Lohnzuschüsse durch die Jobcenter zu entscheiden. Die Bundesagentur für Arbeit betont selbst immer wieder die Notwendigkeit des wirtschaftlichen Arbeitens und knausert mit dieser Begründung auch mal bei der individuellen Förderung von Arbeitsuchenden. Dass hier der Bundesrechnungshof nun genauer hinschaut ist ihr Job. Dabei stellten sie fest: „dass in 119 der 166 Fälle (72%) keine Prüfung durch die Jobcenter erfolgte. Der BRH hält eine verstärkte Fachaufsicht für dringend erforderlich.

Bevorzugte Förderungen von Menschen mit Behinderungen in den Arbeitsagenturen

Eine Ausgleichsabgabe muss von Unternehmen bezahlt werden, die keine oder zu wenige Menschen mit Behinderungen beschäftigen. Ein Teil dieser Abgaben fließt in einen Ausgleichsfonds, aus dem die Arbeitsagenturen ebenfalls prozentual Gelder erhalten. Die Jobcenter gehen hier gesetzesmäßig leer aus. Der BRH vertritt allerdings die Meinung, dass die Mittel aus der Ausgleichsfonds durch die Integrationsämter allen erwerbslosen schwerbehinderten Menschen zur Verfügung stehen muss – unabhängig, ob sie in den Arbeitsagenturen oder in den Jobcentern gemeldet sind. So fragten sie nach der Anzahl von Förderungen im SGB II (Hartz IV) im Vergleich zum SGB III (Arbeitsagenturen) bei der Bundesagentur für Arbeit nach. Damit nicht genug. Zusätzlich forderten sie eine Auflistung ab 2012 bis 2017 aller erhaltenen Gelder aus dem Ausgleichsfonds für die Arbeitsagenturen. Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache. Behinderte oder schwerbehinderte Arbeitsuchende in den Arbeitsagenturen werden mehr als doppelt so häufig gefördert, als Arbeitsuchende in den Jobcentern. Der BRH fordert vom Bundesarbeitsministerium eine Prüfung der bestehenden Regelung. Allerdings bezweifeln sie, „dass das BMAS die Frage einer Umverteilung der Mittel aus der Ausgleichsabgabe mit der notwendigen Sorgfalt geprüft hat. Wir empfehlen, auch die von der Bundesagentur übermittelten Daten zu berücksichtigen. Wir beabsichtigen, diese Empfehlung in unseren Bemerkungen weiterzuverfolgen.“

Im Fazit der Prüfung heißt es bei der Bundesagentur für Arbeit:

Im Wesentlichen werden die Befunde des BRH von den Jobcentern und Regionaldirektionen für Einzelfälle gehalten, die auf Flüchtigkeit, hohe Arbeitsbelastung und mangelnde Einarbeitung oder Dokumentation zurückzuführen sind. Systematische Fehler liegen nicht vor. (…) Die BA geht davon aus, dass sich mit der geplanten Einführung einer systematischen Fachaufsicht in der Gesamtorganisation die Ausübung der Fachaufsicht und die fachliche Qualität verbessern werden.“