Anlässlich des Aktionstages am 21. August 2021 “ Wer hat, der gibt“ in Hamburg habe ich einen Redebeitrag, da ich nicht selbst vor Ort sein konnte, rübergeschickt:
Gebt den Armen Geld und besteuert die Reichen! Alles andere ist Quark und beruhigt nur deren Gewissen, die meinen, mit warmen Worten sei gesellschaftliche Gerechtigkeit möglich. Und derzeit befinden wir uns ja auch noch in einer Parallelwelt – nämlich im Wahlkampf. Da kann es nicht blumig und wortgewandt genug sein. Und man vertraut darauf, dass die Wähler:innen vergessen. Nein, wir vergessen nicht! 16 Jahre und länger neoliberale Politik hinterlässt Spuren. Die Armut wächst. Jedes vierte Kind ist von Armut bedroht. Jeder fünfte Erwachsene lebt in der Armutsgefährdungsquote. Aber Leistung lohnt sich. Und ich frage für wen? Für eine Million Aufstocker:innen, die ihren kargen Lohn mit Hartz IV ergänzen müssen? Für jede/n 5. im Prekariat? Für all diejenigen, die in der derzeitigen Corona-Pandemie mit Kurzarbeit irgendwie über die Runden kommen müssen, aber gleichzeitig Quandts und Lidls ihren Geldsack füllen? Die Armen machen sich krumm für die Reichen. Das ist nun mal Fakt. Eine Vermögenssteuer sucht man bis heute vergeblich. Viel lieber spioniert man den Sozialleistungsberechtigten wegen eines Euros hinterher, als die Reichen mit einer Vermögenssteuer zu belasten, weil ihre Erhebung angeblich viel zu aufwendig sei. Und das ist genau das Problem. Wir reden über Armut, aber wir reden viel zu wenig über Reichtum. Und noch viel weniger über deren Machenschaften und Entstehung. CumEx, Wirecard, Reichtum über die Hängematte in Form von Vererbungen, Vorstandsgehälter, Reichtum über Steuerhinterziehungen ins Ausland oder legalen Nichtbesteuerungen von Vermögen durch den Staat.
Unsere teilweisen neoliberalen und wirtschaftsfreundlichen Regierungsparteien nehmen diesen Superreichtum klanglos hin. Ja, sie fördern ihn sogar noch und erzeugen damit die Armut und die soziale Ungleichheit. Es ist eine ständige automatische Umverteilung nach oben. Statt dem z.B. mit einer radikalen Vermögenssteuer entgegenzuwirken, spricht man lieber vom längeren Arbeiten, belässt das niedrige Rentenniveau in Zukunft bei 48 Prozent oder bleibt beim Wischi-Waschi, dass die Grundsicherung zu einem Leben in Würde reichen soll. Und auch in dem Wort „Würde“ versteckt man nicht mal das unblutige Instrument der „Angst vor einer Arbeitslosigkeit“. Hier wird das karge Arbeitslosengeld, insbesondere Hartz IV, als Wohltätigkeit verkauft. Dass nackte Existenzängste und Bevormundungen dahinterstecken werden ignoriert. Dass Menschen an Maschinen im Akkord zum Niedriglohn arbeiten, führt politisch nicht dazu, dass eine Maschinensteuer eingeführt wird, sondern dazu, dass ein Überangebot entsteht und die Arbeitnehmer:innen teilweise mit Hartz IV aufstocken müssen. Und nicht selten, subventioniert über Lohnzuschüsse durch die Jobcenter oder durch die Arbeitsagenturen. Liebe Leute, dass ist Ausbeute, die sich dann auch noch „Gute Arbeit“ nennt. Wenn nun im Wahlkampf von Wohlstand die Rede ist, ist der Wohlstand der Reichen und der Superreichen gemeint. Das Muster bleibt immer das gleiche: Die Reichen werden reicher, die Armen werden ärmer. Das Wachsen der sozialen Ungleichheit ist neben dem Klimawandel und den Kriegen in meinen Augen ein parallel stattfindendes Weltproblem, welches täglich auf das politische Tableau gehört. Was wir benötigen ist ein radikaler Umbau einer Verteilungs- und Beschäftigungspolitik. Die Kapitalseite muss in den Würgegriff genommen werden: durch Steuern, die wehtun, durch Enteignungen, aber auch durch Arbeitszeitmodelle und Gehälter, die den Beschäftigten erlauben, wieder sich selbst sein zu dürfen. Das ist mehr als nur zu existieren. In diesem Sinne: Ran an den Reichenspeck!