Ohne Nachtshow hat die Koalition es geschafft ein knapp 130 Milliarden Konjunkturpaket auf den Weg zu bringen. Das 15-seitige Papier hat es in sich und lässt dabei doch viele Fragen offen. So bleibt offen, ob die geplanten Mehrwertsteuersenkungen von 19 auf 16 Prozent und von 7 auf 5 Prozent bei den Verbraucher*innen landen oder in den Kassen der Geschäften bleiben. Das Letztere bleibt zu befürchten, da auch Branchen wie Textil oder Konsumgüter in Teilen unter Druck stehen und Einbußen hatten. Somit ist es eine Unternehmensförderung und kein Anreiz die Kaufkraft zu erhöhen.
Positiv zu bewerten ist die Absage der klassischen neoliberalen Abwrackprämie und die Förderung der eMobilität. Kommunen sollen entlastet werden, um so zum Beispiel die Vorauslage von Sozialleistungskosten zu stemmen. Der Kinderbonus von 300 Euro wird an Familien mit geringem und mittlerem Einkommen pro Kind in drei Abschlägen ausbezahlt und glücklicherweise nicht auf Sozialleistungen wie Hartz IV oder der Grundsicherung angerechnet. Der ÖPNV soll mit einer einmaligen Erhöhung der Regionalisierungsmittel in Höhen von 2,5 Milliarden Euro in 2020 unterstützt werden. Leider hat es das Konjunkturpaket nicht geschafft allgemeine Mobilitätshilfen für Fahrgäste aufzuerlegen oder eine Fahrradprämie, wie es Italien macht, einzuführen.
Nach all den vielen Forderungen durch DIE LINKE. und Bündnis 90 / Die Grünen im Bundestag, unzähligen Sozialverbänden und Erwerbsloseninitiativen für Menschen in der Grundsicherung einen Pandamie-Zuschlag in Höhe von 100 Euro monatlich für Menschen in Armut einzuführen konnte sich die Koalition nicht durchringen. Und das ist stark zu kritisieren. Für Millionen von Menschen in den Grundsicherungen, mit Armutsrenten, Student*innen, Personen ohne Kinder wurde nichts getan. Stattdessen entflammt nun vielmehr in den sozialen Netzwerken eine Neiddebatte oder Missgunst gegenüber Familien mit Kindern. Diese Debatte ist nicht schön, aber berechtigt. Für einen friedlichen Zusammenhalt, wie es die SPD hinaustönt, ist es nicht förderlich. Die Kostensteigerungen, gerade bei Lebensmittel durch Corona sind belegt und trotzdem bleibt es skandalös und unbegreiflich, warum bei 130 Milliarden Euro so viele Arme komplett unberücksichtigt bleiben.
Schaut man sich das Papier genauer an, kommt auch das Wort „Pflege“ nicht ein einziges Mal vor. Ein Bereich, den man hoffentlich nicht in weiteren Diskussionen und Paketen vergisst, weil man der Meinung ist, dass der einmalige Zuschlag von 1.000 Euro und Standing Ovations ausreichend seien. Auch Frauen und deren Kraftakt die Corona-Pandemie, oftmals mit Doppel- oder Mehrfach-Belastungen zu stemmen sind kein Wort wert. Hier gilt das selbige wie für die Pflege: Von Lobhudeleien, dass sie systemrelavant sind, können sie sich nichts kaufen.
Vieles in dem Papier, wie die CO2-Besteuerung sind nun keine Neuheiten und wurden im Rahmen des Konjunkturpaketes wiederholt beworben. So bleibt es zwar bei wenigen guten Ansätzen, ignoriert aber weiterhin die Armut und grenzt ganze Menschengruppen aus. So herrscht das Motto: Wer nicht erwähnt wird, wird vergessen. Die Chance für eine sozialere und gerechtere Wende ist da – wenn nicht jetzt, wann dann?