Pflege kann jeden von uns treffen – morgen, übermorgen. Sei es, weil wir selbst erkranken oder als pflegende/r Angehörige/r. Oftmals gehen wir davon aus, wenn es uns gut geht, das Thema sei weit weg. Kann Pflege temporär, weil wir vielleicht kurzfristig im Krankenhaus liegen, so kann sie auch dauerhaft sein. Unser marodes Gesundheitssystem zeigt uns mit voller Wucht auf, wo die Grenzen liegen: Zum Teil im eigenen Geldbeutel, monatelange Wartezeiten bei Fachärzten, Service-Telefonstellen für einen Termin innerhalb von vier Wochen sind Phantasie und funktionieren nur eingeschränkt, Ärztemangel auf dem Land, 2-Klassen-Medizin, pflegende Angehörige geben ihren Beruf auf und kommen stückweise nur noch schwer wieder hinein und bleiben somit auf Hartz IV. Wer unser derzeitiges Gesundheitssystem genauer ansieht oder bereits damit Erfahrungen gemacht hat, merkt schnell: Gesundheit wurde zur Ware. Menschen und deren Behandlung zu Betriebskennziffern. Leider ist im laufenden Wahlkampf das Thema „Pflege“ nur ein Randthema in den Talkshows, Diskussionsrunden, Medien und den großen Parteien.
DIE LINKE fordert
„ein solidarisches, gerechtes und barrierefreies Gesundheitssystem, in dem die Versorgung der Patientinnen und Patienten im Mittelpunkt steht. Gesundheit darf nicht weiter zu einem Markt verkommen, auf dem die Profite mehr zählen als die Menschen: Statt immer weiter zu privatisieren, muss Gesundheit als Teil des Sozialstaats öffentlich organisiert werden. Die Ökonomisierung des Gesundheitswesens steht nicht nur einer guten Versorgung, sondern auch guten Arbeitsbedingungen der Beschäftigten entgegen. Wir setzen auf eine solidarische Gesundheitsversicherung, in die alle einzahlen. Die Zwei-Klassen-Medizin wollen wir überwinden“ (Die Linke)
Gasttext und Video: Marius Fröchling
„Der Druck muss endlich raus“: Video-Interview zur schwierigen Situation in der Pflege
„Herbsterwachen“ beschäftigt sich als kritisches Seniorenmagazin seit 2011 redaktionell mit Themen wie Rente, Pflege und Sozialstaat. Dort wird beispielsweise die Entstehung der Agenda 2010 anhand wissenschaftlicher Quellen auseinandergenommen.
Jetzt hat das Magazin ein Video-Interview mit dem Geschäftsführer zweier Pflegedienste im niedersächsischen Lüneburg geführt: Kai Warneke äußert sich darin zu den gesundheitspolitischen Maßnahmen in der Pflege, bewertet die Auswirkungen des demografischen Wandels und spricht über die Rolle von Angehörigen. Die Pflegeversicherung leiste nur Zuschüsse und sei nicht als „Vollkaskoversicherung“ zu verstehen – und da der Leistungskatalog nur mit Pauschalen arbeite, bleibe das Persönliche auf der Strecke. Warneke erklärt, warum mit der Umstellung auf die Pflegegrade eine umfängliche Pflege für alle „Neuzugänge“ unwahrscheinlicher werde. Und warum das Qualitätssicherungsgesetz die Arbeit für das Pflegepersonal zunehmend schwieriger mache und den Druck weiter erhöhe.
Das gesamte Video ist bei Youtube hochgeladen: