Die Widersprüche in den Hamburger Jobcenter steigen, die Gewonnenen auch und der Steuerzahler zahlt
Auswertung
Die Auswertung der Schriftlichen Kleinen Anfrage (Drs. 21/8798) zeigt deutlich auf, dass sich Widersprüche und Klagen gegen die Bescheide durch die Hamburger Jobcenter lohnen. Weiterhin zeigt sie auf, dass die Personalkosten zur Bearbeitung von Widersprüchen und Klagen die Steuerzahler immens belasten. Gefragt wurde nach der Anzahl der Widersprüche und Klagen bei Jobcenter team.arbeit.hamburg und Arbeitsagentur, nach dem Erfolg der Widersprüche und Klagen der Arbeitslosengeld-II-Leistungsberechtigten, nach der Bearbeitungsdauer der Widersprüche sowie nach der Anzahl Mitarbeiter in der Rechtsstelle zur Bearbeitung von Widersprüchen.
Dazu Inge Hannemann: „Die Antworten zeigen, dass sich ein Wehren gegen Jobcenter-Bescheide lohnt und mehr als jeder dritte Widerspruch erfolgreich ist. Man ist wohl der Ansicht, dass falsche Bescheide und die damit unnötig produzierten Kosten für die Steuerzahler kein Problem seien. Insbesondere scheint es einen Lernbedarf für die Berechnung des Einkommens bei Hartz IV bei den Mitarbeitern zu bestehen. Jeder vierte Widerspruch wendet sich gegen einen Bescheid aus diesem Bereich. Angesichts des bereits zu geringen Regelbedarfes halte ich dieses für absolut existenzgefährdend und für einen Skandal!“
Zu den Antworten:
- Die Zugänge bei den Widersprüchen stiegen um 11 Prozent von 2015 auf 2016 an. Die meisten Widersprüche gab es beim „Einkommen und Vermögen“, „Aufhebung und Erstattung“, gefolgt von „Zugangsvoraussetzungen SGB II“. Das zeigt deutlich auf, dass eine hohe Rechtsunsicherheit bei den Berechnungen von Leistungen besteht. Die Anzahl der Klagen sank minimal um 3 Prozent. Einen Anstieg gab es jedoch bei den „Regelleistungen und Mehrbedarfe“. Zahlen für die Arbeitsagenturen Hamburg konnte der Senat nicht vorlegen.
- Dass sich Widersprüche lohnen zeigen die Zahlen im Vergleich von 2015 zu 2016 auf. So wurden 41 Prozent der Widersprüche in 2015 „stattgegeben“ bzw. „teilweise stattgegeben“. In 2016 waren es bereits 44 Prozent. Jede Zehnte Klage gewann vor Gericht (2015: 9%; 2016: 10%). Auch hier konnte der Senat keine Antworten zu erfolgreichen Widersprüchen und Klagen der Hamburger Arbeitsagenturen vorlegen.
- Widersprüche und Klagen kosten den Steuerzahlern viel Geld und den Arbeitslosengeld-II-Leistungsberechtigten viele Nerven, Kraft und oftmals für diese Zeit ein eklatantes Unterschreiten des Existenzminimums. Die Personalkosten betrugen in 2016 rund 2,6 Millionen Euro. Ein Vergleich seit 2010 macht deutlich, dass diese Kosten um 42 Prozent gestiegen sind (Drs. 21/4009). Angaben zu den Sachkosten können vom Senat nicht gemacht werden. Ebenso wenig wie zu den Kosten bei verlorenen Klagen durch Jobcenter team.arbeit.hamburg.
- Konkrete Angaben zur Bearbeitungsdauer von Widersprüchen der Hamburger Jobcenter und Arbeitsagenturen gibt es nicht.
- Steigende Widersprüche scheint den Personalbestand zu erhöhen. Lag die Zahl aller Beteiligten zur Bearbeitung von Widersprüchen in den Jobcentern bei 46, so lag sie in 2016 bei 52 und aktuell bei 58. Derzeit sind neun Stellen zu besetzen. Die Hamburger Arbeitsagenturen arbeiten im Verbund mit weiteren nördlichen Arbeitsagenturen und somit ist eine Auswertung für Hamburg nicht möglich.