© Bundesverfassungsgericht │ lorenz.fotodesign, Karlsruhe

Die Sanktionen nach §§ 31, 32 innerhalb des Hartz-IV-Regimes beschäftigt weiterhin das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Nachdem das Sozialgericht Gotha im ersten Anlauf eine Absage aufgrund eines Formfehlers erhielt, wurde eine zweite nachgebesserte Vorlage nach Karlsruhe versandt. Das Gothaer Sozialgericht stellte dem BVerfG die Frage, ob Sanktionen nach dem SGB II verfassungsgemäß sind.

Für eine Stellungnahme, wurden neben weiteren Verbänden, auch der Erwerbslosenverein Tacheles e.V. angefragt. Diese Stellungnahme (79 Seiten) liegt nun vor und wurde auf der Seite des Vereins veröffentlicht. Tacheles e.V. selbst schreibt dazu:

In 79 Seiten legen wir darin dar, warum wir die Sanktionen im SGB II für einen Verstoß gegen das Völkerrecht, UN-Sozialpakt, Behindertenkonvention und gegen deutsches Verfassungsrecht halten. 
Ebenso beschreiben wir umfassend die Folgen von Sanktionen auf die Lebenswirklichkeit der Sanktionierten, die gesellschaftlichen Folgen, von Energie- bis Wohnungsverlust, bis hin zum Verlust der Krankenversicherung. 
Tacheles hofft mit dieser Stellungnahme die Diskussion um die Unzulässigkeit von Sanktionen deutlich zu beflügeln, anderseits werden  Teile unserer Argumentationskette auch für eine Reihe anderer Detailfragen ziemlich spannend werden.“


[Update (Okt. 2019)]:

Urteilsverkündung in Sachen „Sanktionen im SGB II“ am Dienstag, 5. November 2019, um 10.00 Uhr

Pressemitteilung Nr. 61/2019 vom 1. Oktober 2019

Aktenzeichen: 1 BvL 7/16

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts wird auf Grundlage der mündlichen Verhandlung vom 15. Januar 2019 (siehe Pressemitteilung Nr. 85/2018 vom 10. Dezember 2018 und Nr. 4/2019 vom 10. Januar 2019) am

Dienstag, 5. November 2019, um 10.00 Uhr,

im Sitzungssaal des Bundesverfassungsgerichts,

Schlossbezirk 3, 76131 Karlsruhe

sein Urteil verkünden.

Interessierte Bürgerinnen und Bürger, die an der mündlichen Verhandlung bzw. Urteilsverkündung teilnehmen wollen, wenden sich bitte an

Herrn Oberamtsrat Stadtler
Postfach 1771, 76006 Karlsruhe
Telefon: +49 (721) 9101-400
Telefax: +49 (721) 9101-461
E-Mail: besucherdienst@bundesverfassungsgericht.de

Bei der Anmeldung sind Name, Vorname, Geburtsdatum und die Erreichbarkeit (per Telefon, Telefax oder E-Mail) anzugeben.

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2019/bvg19-061.html

[Update (Nov. 2018)]:
Das BVerfG will nun über die Verfassungskonformität der SGB II – Sanktionen entscheiden. Entsprechende Einladungen zur mündlichen Verhandlung am 15. und u.U. am 16. Januar 2019 wurden den beteiligten Vereinen und Verbänden mitgeteilt (s. Tacheles). Man beachte die im Konjunktiv gehaltene Ausdrucksweise dieses Schreibens.

[Update (13.03.2017)]:
Rechtsreferent Roland Rosenow im Interview bei Radio Corax. Roland Rosenow hat in den wesentlichen Teilen die Tacheles Stellungnahme für das BVerfG verfasst:

Quelle: RadioCorax          Creative-Commons

Mein Fazit: Die Stellungnahme ist mehr als gelungen. So werden Erwerbslose nicht als „Aussätzige“ behandelt, sondern als Menschen mit ihren Rechten wahrgenommen. Tacheles stellt das frühere Bundessozialhilfegesetz dar und bringt damit neue Argumente. Weiterhin bringen sie die Folgen der Sanktionen auf sachlicher Ebene, ohne pathetisch zu werden, auf den Punkt. In dem sie auf höheres Recht und dem geschichtlichen Kontext der Weimarer Reichsverfassung eingehen, wird hier von den Standardtexten bzw. Stellungnahmen abgewichen. Das ist sehr zu begrüßen und liest sich wie ein Geschichtsbuch – Lehrstunde inklusive. Es lässt sich noch einiges positives mehr über die Stellungnahme schreiben. Ich finde, die Stellungnahme vertritt die von Sanktionen Betroffenen sachlich und menschlich.

Das BVerfG kann nach dem Lesen zu keinen anderen Ergebnis kommen, als dass es feststellt:

„Sanktionen sind verfassungswidrig und gehören abgeschafft.“

Unter der Nummer 25 hat das BVerfG den Gothaer Vorlagebeschluss für eine Entscheidung angesetzt und ist in der Jahresvorschau für 2017 sichtbar: Bundesverfassungsgericht – Jahresvorausschau 2017


Eine Stellungnahme hat auch der Paritätische Wohlfahrtsverband eingereicht:


[UPDATE]

Auch die Diakonie Deutschland – Evangelischer Bundesverband hat eine Stellungnahme beigetragen:


Die genannten Expertisen zum Download:

http://tacheles-sozialhilfe.de/fa/redakteur/Aktuelles/Tacheles_Stellungnahme_an_BVerfG_25.02.2017_lz2.pdf

http://infothek.paritaet.org/pid/fachinfos.nsf/0/d2f6ef02ba386034c12580d400505575/$FILE/Paritaet-2017-BVerfG_Sanktionen.pdf

https://info.diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Stellungnahmen_PDF/Diakonie_STN_Sanktionen_BVerG_170206.pdf