Am 1. Januar 2005 trat Hartz IV in Kraft. Ein paar Gedanken dazu.
„Die besseren Anreize und der stärkere Zwang zur Arbeit sind das beste Argument für Hartz IV“, schrieb „Die Welt am Sonntag“ im August 2004. Die Überschrift lautete damals: „Sieben gute Gründe für das Hartz-IV-Reformpaket“. Das war vier Monate vor der Entstehung der heutigen Jobcenter. Der Zwang zur Arbeit ist bis heute geblieben. Mit den mittels Sanktionen durchsetzbaren Zumutbarkeitsregeln jede Tätigkeit annehmen zu müssen, um der Gefahr einer Geldkürzung aus dem Weg zu gehen, wurden und werden die Erwerbslose weitgehend entmündigt. Ihr Mitspracherecht bei der Gestaltung ihres zukünftigen Erwerbslebens tritt auf eine fast uneingeschränkte Machtposition durch die Jobcenter. Das Bild des dummfauldreisten Erwerbslosen, den man kontrollieren und überwachen müsse, wurde mit der Agenda 2010 Politik zu einer traurigen Realität. Diese Ressentiments haben sich inzwischen dermaßen verfestigt, dass sie stückweise in den Köpfen der Jobcenter, der neoliberalen Ökonomen und Parteien ein Eigenleben führen. Das Paradigma des „asozialen Hartz IV Schnorrers“ setzt sich bis heute fort und ist beliebig auf jeden anwendbar geworden, der sich den Entmündigungsversuchen der Jobcenter entzieht oder widersetzt. Mit der Reetablierung sozialdarwinistischer Denkmuster wurde das Lebensrecht Erwerbsloser, aber auch bei den Noch-Erwerbstätigen antastbar. Und bis heute spaltet es die Gesellschaft und führt zu krassen Dehumanisierungserscheinungen. Hartz IV kann nur überwunden werden, wenn sich alle demokratischen Parteien der Erosion der normativen Grundlagen unseres Zusammenlebens entgegenstellen. Mit einem Bedingungslosen Grundeinkommen wäre der erste Schritt dazu getan.
In diesem Sinne bleibt Hartz IV eine Bezeichnung, die sich nicht durch eine andere Bezeichnung, wie das „Bürgergeld“ im positiven Sinne verändert – solange das Grundgerüst bleibt: Sippenhaft innerhalb der Bedarfsgemeinschaften, Sanktionsmöglichkeiten, Entzug einer Wohnung oder Hauses, wenn sie nicht den sog. „angemessenen regionalen Kosten“ entsprechen, Hausdurchsuchungen, Zwang unter Sanktionsandrohungen zur Teilnahme an Maßnahmen, Zwangsbewerbungen nach Vermittlungsvorschlägen durch die Jobcenter.